Page 73 - GoldenesBuch
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Fechsung von Ritter Zufall über unseren
„Ahnherrn“ Hans Staininger
In letzter Zeit ist relativ wenig für unser Burgdach geschehen. Außerdem hat der Rt. Flo einen
gewaltigen Vorsprung, was die Anzahl der Bayernfechsungen betrifft. So habe ich mir gedacht, wenn
Du aufholen willst, musst Du mindestens drei in einem Stück halten. Das ergibt eine Redezeit von 30
Minuten. Ist vielleicht doch keine so gute Idee, könnte sein, dass jemand zur Schere greift.
Daher nur eine Fechsung: Einer unserer bedeutsamsten Ahnen, wenn nicht überhaupt der wichtigste,
ist der Hans Stainigerahne. Alle kennen den Ahnen, doch kennen alle die Geschichte des Hans
Stainiger, einem berühmten Bayern aus Braunau. Die meisten wissen nur, dass er einen langen Bart
hatte, über den er gestolpert sein soll.
Als zeitweiliger Stadtführer habe ich mich ein wenig näher mit seiner Person befasst. Ein genaues
Geburtsdatum gibt es nicht, wahrscheinlich wurde er Ende des 15. oder anfangs des 16.
Jahrhunderts. geboren. Er war Mitglied des Inneren Rates der Stadt – heute vergleichbar mit dem
Stadtrat – und wurde 6 Mal zum Stadthauptmann gewählt. Heute wäre das ungefähr der
Bürgermeister, allerdings mit der Zusatzaufgabe, die Verteidigung organisieren zu müssen. Ein
Beispiel dafür, wie schwierig das sein kann, ist der Georg Plattner im bayrischen Erbfolgekrieg 1503.
Stainiger war also eine sehr bekannte und geschätzte Persönlichkeit, war ein Handelsherr und wurde
sogar geadelt. Er hatte einen Spleen, er einen möglichst langen Bart.. Dieser war 3 ½ Ellen lang, was
einer Länge von 2 m entspricht. Darauf war er besonders stolz und trug ihn deshalb aufgerollt in einem
Lederbeutel.
Dadurch erlangte er auch einige Berühmtheit und soll – laut Aussagen einiger Historiker am
Krönungszug Rudolf II in Prag teilgenommen und ein paar Privilegien für Braunau heraus geholt
haben. Dies ist historisch nicht möglich, da Rudolf erst 1573 zum König von Böhmen gekrönt wurde.
Da war Stainiger bereits tot, denn er starb am 28. September 1567. Möglich wäre es, dass er an der
Krönung von Ferdinand den Ersten um 1556 - nach dem Thronverzicht seines Bruders Karl V.
mitgewirkt hat. Die Geschichte mit dem Bart ist echt, denn dieser befindet sich seit 1911 im Besitz der
Stadt Braunau und ist – ebenso wie Wappen und Adelsbrief - in der Herzogsburg ausgestellt. Die
Nachkommen Stainigers haben ihn der Stadt Braunau geschenkt. Der Bart – er ist rötlich - wurde
untersucht, ob es sich nicht vielleicht um Werg – ein Dichtungsmaterial der Installateure – handelt. Es
gibt darüber ein chemisches und histologisches Echtheitszertifikat.
Für seinen Todessturz werden zwei Versionen erzählt. Laut Benedikt Pillwein – diese ist weit
verbreitet und eher wahrscheinlich – wurde er bei einer Feurersbrunst in Braunau vom Schlafe
geweckt, wollte in die Stadt eilen, vergaß seinen Bart auf zu binden , stolperte darüber, stürzte über
die Stieg und brach sich das Genick.
Joseph Kyselak – ein Wiener Beamter mit einer abenteuerlichen Wette – meinte, Stainiger sei ein
Opfer seiner Eitelkeit geworden. Beim Besuch eines Fürsten in Braunau wollte er diesem seinen
langen Bart zeigen und eilte ihm in schnellen Schritten entgegen. Er stieg sich auf den Bart, stolperte
und verletzte sich schwer. Er soll an den Verletzungen gestorben sein.
Eine der großen Sehenswürdigkeiten der Stadt Braunau ist das Marmorepitaph an der Nordseite der
Stadtpfarrkirche. Der den Stadthauptmann in spanischer Hoftracht und mit offenem Bart zeigt. Es ist
bemerkenswert, dass ein Bürger von Braunau die spanische Hoftracht trägt. Ein Zeichen, dass die
Stadt und ihre wichtigen Bürger begütert gewesen sein mussten.
Die spanische Hoftracht – ganz enge Strümpfe, darüber eine kurze Pluderhose, ein Wams mit
Halskrause und den schmalkrempigen spanischen Hut – war mit der Heirat Philipp des Schönen,
einem Habsburger und Sohn Kaiser Maximilians mit Johanna von Spanien mit dem Beinamen die
Wahnsinnige, der Königin von Kastillien und Arragon – nach Österreich und Bayern gekommen.
Über die wechselnde Mode der fürstlichen Eliten und der daraus resultierenden
Bekleidungsvorschriften sollte man eine eigenen Fechsung halten.
Für heute habe ich hoffentlich einiges Neues über den „ Ahnherrn „ unserer Brundunum bringen
können und sämtliche Klarheiten restlos beseitigt.