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Ritterarbeit Junker Ernst / Rt. BEBOP Seite 2
Doch nicht genug damit. Mit dieser klaren Unklarheit (ist ein Titel ein Wert?) - Ist ein
schlaraffischer Gehorsam ein Gehorsam ? - Ist als gleichzeitig erforderte Eigenschaft ein
Begegnungsverhalten notwendig, das streng zwischen Persiflage und Echtheit unterscheidet. -
Ist Ritter So-wie-Sokrates doch nicht Sokrates, aber kann ich ihn ernsthaft etwas
Philosophisches fragen? - Ist Ritter Scheich-nix doch einer, der etwas scheut? - Ist Ritter Mädi-
doc doch mehr als beruflich fixierter Frauenverwalter ? In der Begegnung in diesem für Pilger
und Knappen zunächst "leeren Raum" (Ritter le-thagoras) wird die Unterscheidungsfähigkeit
zwischen Persiflage und Menschen eventuell in Camouflage in Wahrhaftigkeit trainiert. Hat
dieses Training einen Sinn?
Einen ganz anderen sogar: man lernt immer genauer den Umgang miteinander, man
beobachtet den Umgang Andere mit Anderen, man kopiert sich selbst, wenn man einmal
erfolgreich aufgetreten ist.
Das Mittel dieser Auftritte, auch des dich gegenseitig wohlwollend auf die Füße steigens ist der
Dialog! Der Mensch hat nach Martin Buber zwei Daseinsrichtungen: Das Ich-es in Bezug auf
die unbelebten Dinge, das Ich-du in Bezug auf die Mitmenschen. Diese Ich-die, diese
gekoppelte Grundhaltung ist immer schon vorhanden, wenn ich in einen neuen Freundeskreis
eintrete. Das Mittel des Dialogs hinwiederum ist das Wort, der Satz, die Anrede, die Frage zu
Beginn, dann das Zuhören, Mitfühlen und Antworten im weiteren Gesprächsverlauf. Doch wie
funktioniert das Gespräch?
Das schlaraffische Gespräch lebt in einer Ordnung, die nicht schriftlich fixiert, sondern meine
Meinung nach schlaraffisch tradiert ist. Trotz vieler Unterschiede in den einzelnen Reychen gibt
es stumme gemeinsame Übereinkünfte, die nicht in Ceremoniale und Spiegel festgelegt sind.
Das sind Angebote des Gesprächs über außerschlaraffische Themen (auch diese Dialektik ist
schlaraffisch), das sind musikalische Dialoge (die sehr monologisch angelegt sein können, ein
versunkener Spieler und viele Zuhörer) und Fechsungen, die sich selbst persiflieren, sodass
alle Sassen sie persiflieren könnten, um sie wieder zurechtzurücken.
Im Laufe der längeren Mitgliedschaft und des zunehmenden Alters besteht die Gefahr oder
Neigung, der Stolz oder die Vergänglichkeit, die Welt vom schlaraffischen Standpunkt aus zu
betrachten! "Ich bin vom Uhuversum der profanen Welt ausgeliehen. Gebt mich bitte
rechtzeitig zurück!
Alles in allem sind die Verhaltensregeln eine Voraussetzung der schlaraffischen Freundschaft
die den Geist der Tradition mit dem Kichern, oder lautem Lachen der Zukunft verbindet. Das
immer wieder zu entdecken, macht die Teilnahme an den Veranstaltungen spannend, selbst
wenn sie manchmal in der selbst gegebenen Form zu ertrinken drohen.
2. MUSIKALISCHER DIALOG
Rt. Kitzblitz mit Klarinette in der Vorburg spielt kurze Melodienphrasen, die vom Junker Ernst
am Piano aufgegriffen und verändert werden, worauf Ritter Kitzblitz wider antwortet. Das
widerholt sich einige Male. Der Klarinettist nähert sich an, tritt in die Burg, spielt weiter, die
Musiker kommen sich näher, "unterhaltentl sich intensiv, nachdem alles "gesagt" ist, entfernt
sich der
Klarinettist wieder, die Melodienstücke werden kürzer, bis dann beide Spieler verstummen.