Page 96 - GoldenesBuch
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Ritterarbeit Junker Ernst / Rt. BEBOP    Seite 2




    Doch nicht genug damit. Mit dieser klaren Unklarheit (ist ein Titel ein Wert?) - Ist ein
    schlaraffischer Gehorsam ein Gehorsam ? - Ist als gleichzeitig erforderte Eigenschaft ein
    Begegnungsverhalten notwendig, das streng zwischen Persiflage und Echtheit unterscheidet. -
    Ist Ritter So-wie-Sokrates doch nicht Sokrates, aber kann ich ihn ernsthaft etwas
    Philosophisches fragen? - Ist Ritter Scheich-nix doch einer, der etwas scheut? - Ist Ritter Mädi-
    doc doch mehr als beruflich fixierter Frauenverwalter ? In der Begegnung in diesem für Pilger
    und Knappen zunächst "leeren Raum" (Ritter le-thagoras) wird die Unterscheidungsfähigkeit
    zwischen Persiflage und Menschen eventuell in Camouflage in Wahrhaftigkeit trainiert. Hat
    dieses Training einen Sinn?
    Einen ganz anderen sogar: man lernt immer genauer den Umgang miteinander, man
    beobachtet den Umgang Andere mit Anderen, man kopiert sich selbst, wenn man einmal
    erfolgreich aufgetreten ist.
    Das Mittel dieser Auftritte, auch des dich gegenseitig wohlwollend auf die Füße steigens ist der
    Dialog!  Der Mensch hat nach Martin Buber zwei Daseinsrichtungen: Das Ich-es in Bezug auf
    die unbelebten Dinge, das Ich-du in Bezug auf die Mitmenschen. Diese Ich-die, diese
    gekoppelte Grundhaltung ist immer schon vorhanden, wenn ich in einen neuen Freundeskreis
    eintrete. Das Mittel des Dialogs hinwiederum ist das Wort, der Satz, die Anrede, die Frage zu
    Beginn, dann das Zuhören, Mitfühlen und Antworten im weiteren Gesprächsverlauf. Doch wie
    funktioniert das Gespräch?
    Das schlaraffische Gespräch lebt in einer Ordnung, die nicht schriftlich fixiert, sondern meine
    Meinung nach schlaraffisch tradiert ist. Trotz vieler Unterschiede in den einzelnen Reychen gibt
    es stumme gemeinsame Übereinkünfte, die nicht in Ceremoniale und Spiegel festgelegt sind.
    Das sind Angebote des Gesprächs über außerschlaraffische Themen (auch diese Dialektik ist
    schlaraffisch), das sind musikalische Dialoge (die sehr monologisch angelegt sein können, ein
    versunkener Spieler und viele Zuhörer) und Fechsungen, die sich selbst persiflieren, sodass
    alle Sassen sie persiflieren könnten, um sie wieder zurechtzurücken.
    Im Laufe der längeren Mitgliedschaft und des zunehmenden Alters besteht die Gefahr oder
    Neigung, der Stolz oder die Vergänglichkeit, die Welt vom schlaraffischen Standpunkt aus zu
    betrachten!  "Ich bin vom Uhuversum der profanen Welt ausgeliehen. Gebt mich bitte
    rechtzeitig zurück!
    Alles in allem sind die Verhaltensregeln eine Voraussetzung der schlaraffischen Freundschaft
    die den Geist der Tradition mit dem Kichern, oder lautem Lachen der Zukunft verbindet. Das
    immer wieder zu entdecken, macht die Teilnahme an den Veranstaltungen spannend, selbst
    wenn sie manchmal in der selbst gegebenen Form zu ertrinken drohen.


    2. MUSIKALISCHER DIALOG
    Rt. Kitzblitz mit Klarinette in der Vorburg spielt kurze Melodienphrasen, die vom Junker Ernst
    am Piano aufgegriffen und verändert werden, worauf Ritter Kitzblitz wider antwortet. Das
    widerholt sich einige Male. Der Klarinettist nähert sich an, tritt in die Burg, spielt weiter, die
    Musiker kommen sich näher, "unterhaltentl sich intensiv, nachdem alles "gesagt" ist, entfernt
    sich der
    Klarinettist wieder, die Melodienstücke werden kürzer, bis dann beide Spieler verstummen.
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